Bei „Waldorf 100“ gemeinsame Sache gemacht: Vier Waldorfschulen feiern ihr 100-jähriges Bestehen mit großer Projektwoche

Mit einem gemeinsam gesungenen Morgenlied vertrieben rund 120 Oberstufenschülerinnen und -schüler im Saal der Rudolf Steiner Schule Witten-Heven in der vergangenen Woche die Müdigkeit aus den verschlafenen Körpern, um aufnahmebereit zu sein für den Vortrag von Bio-Landwirt Stefan König, der tagesaktuell über nachhaltige Landwirtschaft, Ressourcen und deren Verschwendung und die Verantwortung des Individuums in der Gegenwart sprach.

Zusammengekommen waren die Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Projektwoche „Waldorf 100“, denn 100 Jahre ist es her, dass Rudolf Steiner in Stuttgart die erste Waldorfschule eröffnet hat. Heute gibt es weltweit 1.182 Schulen nach der Pädagogik Steiners in 66 Ländern auf allen fünf Kontinenten.

Das ganz Besondere an dieser Projektwoche: Eineinhalb Jahre Planung und eine enge Kooperation vier benachbarter Waldorfschulen sind ihr vorausgegangen. Herausgekommen ist eine sowohl jahrgangsstufen- als auch schulübergreifende Großveranstaltung, die für die Unter-, Mittel- und Oberstufe gleichermaßen ein riesengroßes und äußerst abwechslungsreiches Programm bot und die den Oberstufenschülern aller Schulen die Möglichkeit eröffnete, über den eigenen Schulhof hinauszublicken und neue Kontakte zu knüpfen. Für die Wittener Rudolf Steiner Schule wurden Veronika und Wanja Kühn für das Planungsteam ins Rennen geschickt. „Diese Woche sollte ein Geschenk für all’ unsere Schüler werden“, erklärt Wanja Kühn die Idee hinter der Projektwoche zum Fest „Waldorf 100“.

Bereits die mit den Vorträgen angebotenen Themen waren sehr abwechslungsreich: Experten sprachen beispielsweise neben dem Klimawandel auch über die Gründung der Waldorfschulbewegung, aber ebenso über Verantwortung oder Notfallpädagogik in Krisengebieten. Nach dem jeweiligen Morgenvortrag konnten die Schülerinnen und Schüler der Oberstufen vielfältigste Workshops an allen vier Schulen besuchen: So hatten sich einige Schülerinnen und Schüler der Wittener Rudolf Steiner Schule auf den Weg gemacht, um einen interessanten Kurs über „Upcycling“ oder „Zero Waste“ an der gleichnamigen Bochumer Nachbarschule, über Jazzdance an der Blote Vogel Schule in Witten oder über „Poetry Slam“ an der Rudolf Steiner Schule Dortmund zu besuchen. In Witten-Heven konnte man dagegen Buddhistische Meditation erleben oder sich Filmkunst, Improtheater oder philosophischen Fragen über Geburt und Tod widmen. Eine Schülergruppe nahm sich in ihrem „Tunnelprojekt“ gar der Neugestaltung der Fußgängerunterführung an der Sprockhöveler Straße an und konnte sich beim Malen kreativ „so richtig austoben“.
„Wir haben stolze 140 Plätze an unserer Schule anbieten können, viel mehr als unsere Oberstufe eigentlich Schüler hat. Das war uns wichtig, damit die Schüler eine echte Wahlmöglichkeit haben“, so Schulleiterin Christine Kolben zum Kursangebot. Und dies ist sehr gut angenommen worden. So ziehen die Neuntklässlerinnen Robin und Pippa aus Dortmund, die zum Tanzen hergekommen sind, eine positive Bilanz: „Das war unser allererster Tanzkurs und es hat viel Spaß gemacht.“ Und Dana (Jgst. 13) aus Bochum ergänzt: „Wir haben uns von Anfang an sehr willkommen gefühlt. Es war ein tolles Miteinander .“ Und bei aller kreativer Geschäftigkeit blieb doch auch genug Zeit, um auf dem Schulhof bei Tee und Kuchen in entspannter Atmosphäre zusammen die Spätsommersonne zu genießen.

Auch die Unter- und Mittelstufe erlebte eine kreative Woche: Während die Unterstufenschüler sich jeden Tag in einem anderen Kunsthandwerk wie Töpfern oder Filzen ausprobieren durften oder ein „Hotel“ für Wildbienen fertigten, hatten die Schüler der Mittelstufe im Vorfeld die Qual der Wahl: Aus einem abwechslungsreichen Angebot durften sie ihren Favoriten für die Woche wählen, wie z.B. Szenisches Spiel in französischer Sprache, Ablegen des Sportabzeichens, Herstellen eigener Kosmetik oder auch urbanes Gärtnern.

Zum Abschluss der Projektwoche „Waldorf 100“ versammelten sich Schüler, Eltern, Lehrer und Freunde der vier Schulen auf dem Gelände der Rudolf Steiner Schule Dortmund, um dort gemeinsam eine erlebnisreiche Zeit ausklingen zu lassen. Es gab zahlreiche Präsentationen aus den Workshops der vergangenen Woche, wobei dank dem abwechslungsreichen Programm für Jeden etwas dabei war. Bei herrlichem Sonnenschein konnte man sich einen Veggieburger schmecken lassen und miteinander ins Gespräch kommen. Lehrerin Silke Haas formulierte das Ergebnis der Festwoche so: „Das Dabeisein und der Blick über unseren Tellerrand lässt uns alle fühlen, dass wir einer großen „coolen“ Schulgemeinschaft angehören.“ Als zum Schluss ein großer Lehrerchor aus allen vier Kollegien auf der Bühne stand, konnte jeder miterleben: Das Experiment der Zusammenarbeit von vier Schulen war geglückt. Schüler, Lehrer und Eltern gehen nun mit neuen Anregungen und Impulsen zurück an ihre eigene Schule. Sie haben das 100-jährige Jubiläum der Waldorfschulen gebührend gefeiert!

Stephanie Möller / Wanja Kühn


Fotos: L. Korte-Riepe

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