„Die Kinder des Monsieur Mathieu“ wuchsen über sich hinaus…

… und schenkten den Besuchern ihrer Aufführungen einen wunderbaren deutsch-französischen Theaterabend 

„Vois sur ton chemin gamins oubliés égarés…“, so schallte es dem Publikum gleich zu Beginn in französischer Sprache vom Chor als musikalische Einführung entgegen: „Sieh auf deinem Weg Kinder, von der Welt vergessen…“ – 

Am vergangenen Wochenende brachte die 6. Klasse der Rudolf Steiner Schule Witten-Heven um Klassenlehrerin Grit van Aalst ihr Klassenspiel „Die Kinder von Fond de l‘Etang“ auf die große Bühne. Ihre Adaption des französischen Filmklassikers „Die Kinder des Monsieur Mathieu“ (im Original „Les Choristes“) von Christophe Barratier spielt wie ihre Vorlage zur Zeit der harten Nachkriegsjahre des letzten Jahrhunderts in einem Internat für schwer erziehbare Kinder, an dem ein hartherziger, übermäßig strenger Direktor mit fragwürdigen pädagogischen Methoden die Kinder regelmäßig Drill, Kollektivstrafen oder dem Karzer aussetzt. An dieser Schule bewirbt sich der arbeitslose Komponist Clément Mathieu als neuer Hilfslehrer. Einmal eingestellt gründet Mathieu gegen den Widerstand des Direktors einen Chor, dabei sind die Internatsschüler zunächst wahrlich keine „Chorknaben“: Die Kinder spielen einander immer wieder übel mit, aufgrund der harten Lebensbedingungen kommt es gar zu Quälereien von stärkeren gegen schwächere Schüler, wobei der harte Kurs des Direktors dem Vorschub leistet. Mathieu gelingt es aber nach einiger Zeit, das Vertrauen der widerspenstigen Kinder zu gewinnen und ihnen mit dem Chor und der damit verbundenen Gesangsausbildung Hoffnung und eine Perspektive für ihr Leben zu geben. Diese positive Entwicklung bleibt auch den Mäzeninnen der Schule nicht lange verborgen….

Sechs Wochen voll intensiver Probenarbeit unter der Regie von Lehrerin Janin Haxel und Klassenlehrerin Grit van Aalst liegen hinter den jungen Schauspielerinnen und Schauspielern, die letzten zwei davon waren von morgens bis in die Nachmittagsstunden prall gefüllt mit Proben unterschiedlichster Art: Nicht nur die 14 Szenen wollten einstudiert werden, für die Sprechrollen gab es ebenso zahlreiche Einzelproben wie für den Gesang. Und während es hier   für die Nachwuchstalente von Silke Kost sogar Coaching-Tipps von einem Profi des Bochumer Schauspielhauses gab, verschlangen dort die Chorproben mit Musiklehrerin Ursula Ahlborn und Kollege Reinhard Tepel am Klavier viel Zeit, insbesondere die Einzelproben für die Gesangssoli. Dabei mussten die Sechstklässler mit den zahlreichen Chorliedern in französischer Originalsprache noch eine zusätzliche Herausforderung meistern; für das Einstudieren der Liedtexte konnte Französischlehrerin Veronique Rothstein gewonnen werden, die ihrerseits gemeinsam mit ihren Musikkollegen und einigen Sechstklässlern Teil des begleitenden Orchesters war und so ebenfalls „Hausaufgaben“ zum Üben bekam. Auch die Schüler des jahrgangsübergreifenden Beleuchterteams begleiteten die zahlreichen Proben, um alle stets ins rechte Licht zu setzen, und auch die Maske, für die einige Eltern Ihre Unterstützung zugesichert hatten, beanspruchte ihre Zeit. Dann galt es, passende Kostüme für die entsprechende Zeit der 1940er Jahre im schuleigenen Fundus mit Hilfe von Handarbeitslehrerin Silvia Burkhard zu finden und teilweise zu ändern. Auch etliche Requisiten mussten zusammengetragen werden, um zusammen mit dem Bühnenbild das Internat „Fond de l‘Etang“ auf der Bühne entstehen zu lassen. Dabei konnte das minimalistisch gehaltene Bühnenbild durch die Unterstützung von Bühnenbildnerin Silke Kost vom Bochumer Ensemble besonders durch seine eindrucksvollen Schwarz/Weiß-Skizzen überzeugen, die per Beamer auf die Bühne projiziert wurden und eine dichte Atmosphäre schufen, passend zum harten, kargen Schulalltag im Internat. 

Am letzten Wochenende gipfelte dann endlich der vielstündige gemeinsame Einsatz, der Fleiß beim Einstudieren und Üben in dem Höhepunkt, auf den die zahlreichen Beteiligten mit so viel Hingabe hingearbeitet hatten: In drei Aufführungen nahmen die Sechstklässler ihr Publikum gekonnt musikalisch mit in die Welt des französischen Internats. Dabei gelang es der sechsten Klasse die doppelte Herausforderung des Stückes mit Schauspiel UND Gesang, – auch noch in französischer Sprache – mit Bravour zu meistern. Und nicht nur die Atmosphäre des strengen Internats war für das Publikum spürbar, auch die Spielfreude der jungen Schauspielerinnen und Schauspieler in einem rundherum gelungen umgesetzten Theaterstück. Es war ein Genuss! Chapeau!

Am Ende des Stückes fügt sich dann schließlich alles zum Guten: Die Gönnerinnen des Internats sind dermaßen begeistert von der Darbietung von Mathieus Chor, dass sie die finanzielle Zukunft der Schule sichern und auch in personeller Hinsicht eine Wendung zu einer positiven Zukunft bewirken; die zweifelhaften pädagogischen Machenschaften des Direktors fliegen auf, er muss infolge dessen seinen Posten als Direktor aufgeben und mitsamt seiner Familie das Internat verlassen. Stattdessen wird Monsieur Mathieu als neuer Direktor eingesetzt, was von „seinen Kindern“ lautstark bejubelt wird – den Kindern des Monsieur Mathieu.

„Sens au cœur de la nuit l′onde d’espoir… ardeur de la vie!“ 

Stephanie Möller 

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